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«Update Long Covid/Post Vac»

Unsere Erfahrungen, mögliche Ursachen und wie wir Betroffenen wirksam helfen können.

 

Im Newsletter vom 8.7.2022 haben wir erstmals ausführlich über Symptome und die möglichen Ursachen von Long-Covid und Post Vac berichtet (für Interessierte lohnt es sich, dort nochmals nachzulesen > «Long Covid und das Post-Vac-Syndrom» Was wir wissen und wie wir Betroffenen helfen können.) Da sich die Daten- und Studienlage quasi von Monat zu Monat ändert und neue Erkenntnisse nicht nur aus der Wissenschaft, sondern auch empirisch in der Praxis dazukommen, möchten wir Sie diesbezüglich gerne auf den neuesten Stand bringen.

 

Unsere Beobachtungen und Erfahrungen im Zentrum Seewald

Aktuell schätzt man den Anteil der Betroffenen auf rd. 3-5% der Covid-positiv Getesteten, bei den älteren Virusvarianten war das noch deutlich höher.
Als wir vor fast eineinhalb Jahren, damals gemeinsam mit SMO Bregenz, unser Long Covid Therapieprogramm entwickelt haben, waren es nur vereinzelte Fälle, die bei uns gelandet sind. Das lag wahrscheinlich daran, dass sich viele mit Ihren Problemen zuerst an ihre Hausärzt:in bzw. die zuständige Fachärzt:in gewendet haben, um Hilfe zu erfahren.

Inzwischen gehören Patient:innen, die mit Long Covid/Post Vac- Symptomen zu uns kommen zum Behandlungs-Alltag. Das hat uns über sehr unterschiedliche Fälle mit der Erkrankung vertraut gemacht und so auch die Entwicklung wirksamer Therapieansätze ermöglicht.

Die meisten unserer Patient:innen klagen über Beschwerden aus folgenden Fachrichtungen:
 

  • Neurologisch bzw. neuropsychiatrisch, wie Sensibilitätsstörungen, Kopfschmerzen oder auch "Brain Fog" mit Konzentrationsstörungen.
  • Internistisch, insbesondere kardiologisch, wie Druck auf Brust, eingeschränkte Belastbarkeit, schnelle Ermüdungserscheinungen bei nur geringer Belastung (mehr zum Chronic-Fatigue-Syndrom lesen Sie unten).
  • Orthopädisch mit Schwerpunkt myofaszial (Bindegewebsstrukturen, die einzelne Muskelfasern umgeben), wie Muskelschmerzen, -kater oder auch Muskelkrämpfe, ebenfalls nach nur geringen körperlichen Belastungen.
  • Wiederkehrende bzw. wochen-/ monatelang dauernde Infekte, von denen sich die Betroffenen nur sehr schleppend erholen.

 

Viele dieser Patient:innen, die zu uns kommen, sind medizinisch "komplett" abgeklärt, vom Hausarzt, über den Neurologen, Pulmologen bis hin zum Kardiologen oder Orthopäden - fast alle berichten uns über ähnliche Erfahrungen auf ihrer „Tour de Force“ durch die verschiedenen Fachrichtungen: nahezu immer waren die Untersuchungen „ohne Befund“, sprich erfreulicherweise unauffällig. Das heißt eigentlich müssten diese Patient:innen gesund sein, oder sich gesund fühlen, was bei vielen leider nicht der Fall ist (Aus einem aktuellen Vortrag zum Thema Long Covid sei hier Prim. Dr. Cerkl, Pulmologe, LKH Hohenems zitiert, der unsere Erfahrungen bestätigt: „mehr als 98% der Long-/Post-Covid Patienten weisen auch nach umfangreicher organischer Abklärung einen Normalbefund auf“).

Dieses Phänomen führt bei vielen Betroffenen dazu, dass Sie sich mit ihren tatsächlichen Beschwerden nicht ernst genommen fühlen, was bis zu einem gewissen Grad sogar nachvollziehbar ist, da die Untersuchungsergebnisse ja unauffällig sind. Manche fühlen sich dann auch in die „Psycho-Ecke“ abgeschoben, weil keine körperlichen Ursachen feststellbar sind und bekommen am Ende zunehmend das Gefühl, dass ihnen gar nicht geholfen werden kann.

Die oftmals geäußerte Empfehlung „Geduld zu haben“ ist für den Großteil der Betroffenen, die aus unserer Erfahrung im Alter zwischen 35 bis 55 Jahren sind, nicht wirklich annehmbar. Häufig werden sie durch die Erkrankung plötzlich „aus dem Leben gerissen“, von einem Tag auf den anderen scheint ein „normaler Alltag“ unerreichbar. Wenn alltägliche Arbeiten oder Aktivitäten zur Herausforderung werden, einfache Haushaltsarbeiten oder ein 10-minütiger Spaziergang sie an die Grenzen ihrer Belastbarkeit bringt, dann wird die Psyche auf die Probe gestellt.

 


Was aber verursacht die beschriebenen Long-Covid/Post-Vac Symptome?
 

Ansatzpunkt 1_CFS

Aus mehreren Studien wissen wir, dass rd. die Hälfte der von Long-Covid Betroffenen am sog. CFS (Chronic Fatigue Sysndrom/Chronisches Müdigkeitssyndrom - auch ME Myalgische Enzephalomyelitis genannt) leidet. Unser Erfahrungswert im Zentrum Seewald liegt bei 70-80%, die in unterschiedlichen Schweregraden von Müdigkeitssymptomen betroffen sind.

Nun ist CFS keine neues Symptom, das erst mit Covid-19 aufgetreten ist. Es ist seit vielen Jahren in Zusammenhang mit anderen Infektionskrankheiten bekannt (ausgelöst z.B. durch das Epstein-Barr-Virus, Influenza oder den SARS-Virus 2002/2003). Es deutet vieles darauf hin, dass auch Covid-19 Viren reaktiviert, die mit chronischen Müdigkeitssymptomen in Verbindung stehen.

CFS ist (von der WHO seit 1969 klassifiziert) eine schwere neuroimmunologische Erkrankung, die oft zu einem hohen Grad körperlicher Behinderung führt und gilt „als eine der letzten großen Krankheiten, die kaum erforscht sind - die genauen Mechanismen der Erkrankung sind bisher noch ungeklärt. Neuere Studien weisen auf eine mögliche Autoimmunerkrankung und eine schwere Störung des Energiestoffwechsels hin. Valide Biomarker fehlen“ (Quelle: Deutsche Gesellschaft für ME/CFS). Aktuell sind alleine in Deutschland 250.000 Menschen betroffen.

Beth Pollack, Forscherin für chronische Erkrankungen am MIT, beschreibt CFS als eine neuroimmune und multisystemische, d.h. zahlreiche Organsysteme betreffende Erkrankung, die unterschiedlichste Strukturen betrifft – vom Gehirn, über die Blutgefäße und das Immunsystem bis hin zum Bindegewebe, meist verursacht durch mikro-entzündliche Veränderungen. Stark vereinfacht ausgedrückt: unser System kippt an mehreren Stellen gleichzeitig und verliert seine Fähigkeit der Selbstregulation. Der Organismus ist aus dem Gleichgewicht und kann die Balance nicht mehr selbst herstellen.

Eine aktuelle Studie eines Wiener Forschungsteams (Quelle: deutsches Ärzteblatt), in der das Blutplasma von Long-Covid Betroffenen untersucht wurde, geht davon aus, dass spezielle Immunzellen, die nach Infektionen die Regenerationsprozesse federführend steuern, überaktiv sind.

Die Wirkung dürfte damit anders als bei Autoimmunerkrankungen sein, bei denen die Entzündungsreaktion selbst aus dem Ruder läuft und sich das Immunsystem in Folge gegen den eigenen Körper stellt.

Erste Indizien über mögliche Zusammenhänge sollten aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die (Forschungs-)Reise erst begonnen hat.


Ansatzpunkt 2_Immunbalance

Um das Thema Immunbalance zu verstehen, müssen wir kurz ausholen und die zwei Teile erklären, aus denen unser Immunsystem besteht:


Teil 1_die angeborene (unspezifische) Immunantwort. Sie ist die „schnelle Eingreiftruppe“ und reagiert auf Fremdkörper, Verletzungen und Krankheitserreger aller Art, mit Hilfe der Haut (Schutz von außen), der Schleimhäute (Schutz von innen), bakterientötende Stoffe und der Fresszellen.


Teil 2_die erworbene (spezifische) Immunantwort tritt dann auf den Plan, wenn die angeborene Immunantwort nicht ausreicht. Sie ist auf bestimmte Krankheitserreger oder veränderte Körperzellen spezialisiert, erkennt diese und bekämpft sie in der Regel wirkungsvoll. Bei manchen Krankheiten bildet sich auch so etwas wie ein „Abwehr-Gedächtnis“ aus, das dafür sorgt, dass besonders schnell und effektiv gehandelt werden kann.


Den Kern der Spezifischen Immunabwehr bilden die T-Zellen, die folgende Aufgaben erfüllen:

  • T-Killerzellen: Sie erkennen von Viren infizierte Zellen oder Tumorzellen und zerstören diese.
  • T-Helferzellen: Sie aktivieren über Botenstoffe Immunzellen (z.B. die B-Zellen, die in kurzer Zeit in großer Menge Antikörper bilden und ans Blut abgeben)
     

Innerhalb der T-Helferzellen, das ist für unsere Betrachtung bedeutsam, unterscheidet man 2 Subtypen: TH1 und TH2, die je nach Bedarf ausgeprägt werden.

  • Die TH1-Zellen fördern vor allem die zelluläre Immunität, die für die Abwehr und Vernichtung von intrazellullären Viren und Bakterien sowie entarteter Zellen notwendig ist.
  • Die TH2-Zellen fördern die humorale Immunantwort, d.h. Immunantwort über das Blut. Dies ist wichtig für die Abwehr von Parasiten oder Allergenen, wie sie beispielsweise über die Nahrung oder die Atemluft aufgenommen werden.

Bei Beanspruchung unseres Immunsystems sind je nach Bedrohungslage schwerpunktmäßig TH1 oder TH2 Zellen aktiv. Es besteht für kurze Zeit eine gewolltes Übergewicht des erforderlichen Typs. Problematisch (sprich: krankhaft) wird es erst, wenn sich nach dieser natürlichen Beanspruchung das Gleichgewicht zwischen TH1 und TH2-Zellen nicht wieder einstellt – man spricht dann von einer sog. Immunstarre, die zur Entstehung einer ganzen Reihe von Erkrankungen beitragen kann, z.B. Autoimmunerkrankungen (TH1-Dominanz), bzw. Allergien/ Intoleranzen (TH2-Dominanz).

Die Ursachen für so ein Ungleichgewicht können vielfältig sein - Infektionen, Östrogenmangel, Stress, Schwermetallbelastungen, Impfungen, Proteinmangel uvm.

 

Die gute Nachricht – wir können helfen die Immunbalance wieder herzustellen

Wir haben die Möglichkeit, aus der Immunstarre rauszukommen, indem wir das Verhältnis zwischen TH1 und TH2 in die gewünschte Richtung verändern. Das ist konkret über Mikronährstoffe, Pflanzenwirkstoffe und Lebensmittel möglich, die auf das Immunsystem wirken und es in die eine oder andere Richtung verschieben können. Wichtig in diesem Zusammenhang: „die Dosis macht das Gift“ – d.h. falsch angewendet besteht die Gefahr, bestehende Dysbalancen zu verstärken.
 

Was also tun, wenn Sie von Long-Covid/Post-Vac-Symptomen betroffen sind?

Unserer Erfahrung nach kommt es zu einem solchen Zustand/Verlauf nicht nur aufgrund eines Ereignisses oder einer Ursache, sondern die Entstehung ist häufig „multikausal“. Das bedeutet, dass es die Summe an Ungleichgewichten/Beschwerden ist, die das Fass zum Überlaufen bringt. Daher muss auch der Therapieansatz bei einer solch hochgradig komplexen Erkrankung „multimodal“ sein, d.h. es ist die Summe der Therapien auf unterschiedlichen Ebenen, die letztendlich zum Erfolg führen.

Die Grundlage unserer Therapieentscheidung (die immer individuell ist und je nach Befundkonstellation zusammengestellt wird), ist immer eine Kombination aus biophysikalischer Messung und detaillierter Laboranalyse inkl. Mikronährstoffhaushalt. Genauso wie Sie bei Ihrem Auto darauf achten, dass Sie genügend Benzin, Öl, Bremsflüssigkeit, usw. haben, muss Ihr Körper ausreichend mit lebenswichtigen Vitaminen, Mineralien und auch Spurenelementen versorgt sein, um ohne Problem funktionieren zu können. Im Zusammenhang mit Long-Covid/Post-Vac liegt unser Hauptaugenmerk auf jenen Substanzen, die für die Balance Ihres Immunsystems, wie oben beschrieben, entscheidend sind. Idealerweise wird dies durch eine basenbetonte oder auch „immunförderliche“ Ernährung ergänzt.

Ein weiterer wichtiger Aspekt, den es zu berücksichtigen gilt, ist das Thema „Energiehaushalt“ über unsere Mitochondrien, die Kraftwerke der Zelle. Unserer Erfahrung ist, dass hier hier häufig Defizite bestehen, die durch ein „simuliertes Höhentraining“ (Intervall- Hypo-Hyperoxie-Training) positiv beeinflusst werden können, indem die geschädigten Mitochondrien aussortiert und im Gegenzug die gesunden/funktionsfähigen unterstützt und aufgebaut werden (mehr dazu in unserem letztjährigen Newsletter „Simuliertes Höhentraining“. Für die Entdeckung dieses molekularen Mechanismus wurde 2019 der Medizin Nobelpreis verliehen).

Auch eine gute Durchblutung stellt naturgemäß eine wichtige Grundlage für alle Arten von Heilungs- und Regenerationsprozessen dar. Durch eine verbesserte Durchblutung wird sowohl der Sauerstofftransport, als auch die Mikronährstoffversorgung des Körpers optimiert. Hier haben wir die Möglichkeit, diese auf unterschiedlichen Ebenen zu beeinflussen ­ nicht nur auf biochemischer, sondern auch auf biophysikalischer Ebene.

 

Mit diesem Bündel an erprobten Therapieformen sind wir in der Lage, die eingangs beschriebenen Beschwerden nachhaltig zu lindern und positiv zu beeinflussen (zahlreiche Beispiele aus unserer Praxis bestätigen dies). Wie schnell diese Verbesserung im Einzelfall greift und wie stabil der Zustand bleibt, wird von sehr vielen Faktoren beeinflusst und ist schwer zu prognostizieren. Uns ist es daher wichtig, keine unrealistischen Verläufe in Aussicht zu stellen, da dies nur zu Frustration führt, die sich wiederum nachteilig für den Verlauf auswirken kann.

 

In diesem Sinne, bleiben Sie gesund
und genießen Sie die ersten kräftigen Sonnentage
(möglichst an der frischen Luft)

Herzlichst Ihr

Dr. Sven Seewald, MSc, MSc, D.O.
und Ihr Zentrum-Seewald Team

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